Über den Umgang mit Trennungen
Ein kurzer Ratgeber für frisch Getrennte und ihr Umfeld

Welche Faktoren beeinflussen das Auftreten von Trennungsproblemen? Wie können diese Probleme verringert werden? Welche Rolle spielen soziale Medien im Umgang mit Trennungen? Wie kann man jemanden bei einer Trennung unterstützen? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Von Rafael Wespi
Lektoriert von Marina Reist und Celina Weder
Illustriert von Janice Lienhard
Faktoren die Trennungsanpassung beeinflussen können
Das Beenden einer romantischen Beziehung gehört zu einer oftmals schmerzhaften, jedoch wichtigen Erfahrung in der Entwicklung der meisten Menschen. Im besten Fall hinterlassen Trennungen Erinnerungen sowie minimale Narben. Ebenso gut besteht die Möglichkeit, dass man nicht über den Verlust hinwegkommt, was oft mit dem Auftreten von psychischen Störungen wie Depressionen oder dem Gefühl von Einsamkeit zusammenhängt (Low et al., 2012).
Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf Trennungen. Dabei steht ausser Frage, dass es sich bei den meisten Trennungen zumindest für einen der beiden Betroffenen um ein schmerzhaftes Ereignis mit oft noch schmerzhafteren und teils weitreichenden Folgen handelt (Gomillion et al., 2015; Haimson et al., 2018; Low et al., 2012; Nongpong & Charoensukmongkol, 2016; Smith & Cohen, 1993; Yıldırım & Demir, 2015). Die Ausprägungen und Dauer der Trennungsfolgen hängen dabei unter anderem davon ab, ob die Trennung von einem selbst eingeleitet wurde, man bereits eine neue Beziehung eingegangen ist, ob man sich des Trennungsgrundes bewusst ist und ob man nach der Trennung die soziale Unterstützung erhält, die man benötigt (Gomillion et al., 2015; Yıldırım & Demir, 2015).
«Der Kummer, der nicht spricht, nagt am Herzen, bis es bricht.»
William Shakespeare, 1564-1616
Auf einige Faktoren, die den Verlauf einer Trennungsanpassung beeinflussen, kann man selbst nur in einem geringen Mass Einfluss nehmen. Es handelt sich dabei zum Beispiel darum, von wem die Trennung eingeleitet wird oder ob bereits / schon bald eine neue romantische Beziehung eingegangen wird / wurde (Yıldırım & Demir, 2015). Einige Faktoren für eine möglichst reibungslose Trennung lassen sich einfacher beeinflussen, wie das Ergründen und Verstehen des Trennungsgrundes oder jemandem durch das Geben von sozialer Unterstützung beizustehen. Es wurde beispielsweise festgestellt, dass sich bei mangelndem Verständnis für die Ursache einer Trennung ein Abschluss der Beziehung als schwierig erweisen kann, unter Anderem, wenn eine Beziehung ohne ein ausführliches abschliessendes Gespräch beendet wurde (Yıldırım & Demir, 2015). Ebenfalls entstehen daraus häufig Unsicherheiten bezügliche der eigenen Qualitäten und Beziehungsfähigkeit sowie das Gefühl eine Sache nicht abgeschlossen zu haben (Yıldırım & Demir, 2015). Soziale Unterstützung in Folge einer Trennung kann die Anpassung an die neue Situation verbessern und verringert möglicherweise die entstehenden Schwierigkeiten (Gomillion et al., 2015; Yıldırım & Demir, 2015). Dies zeigt sich vor allen Dingen bei der Person, welche in einer Partnerschaft mehr instrumentelle Unterstützung erhalten als selber gegeben hat. Im Zuge der Trennung kommt es häufig dazu, dass die Person, welche mehr instrumentelle Unterstützung vom*von der Beziehungspartner*in bezogen hat, infolge der trennungsbedingt fehlenden Unterstützung individuell wichtige Ziele nicht mehr verfolgen kann (Gomillion et al., 2015). Bei instrumenteller Unterstützung in diesem Sinne, kann es sich zum Beispiel um eine finanzielle Unterstützung, Hilfe im Haushalt oder einem kostenlosen / -günstigen Beherbergen des*der Partners*in im eigenen Haushalt handeln. Das Wegfallen dieser Unterstützung kann weitreichende Folgen auf das Wohlbefinden und das Selbstkonzept dieser Person haben, da sie neben dem*der Partner*in zusätzlich einen wichtigen Lebensinhalt verlieren könnte, wobei allerdings die persönlichen Ziele meist gleich wichtig bleiben wie während der Beziehung (Gomillion et al., 2015). Daneben tragen emotionale und informationelle Unterstützung (siehe Kästchen) ebenfalls ihren Teil zu einer besseren Trennungsverarbeitung bei (Yıldırım & Demir, 2015).
«Wer schon sitzen gelassen wurde und liegen blieb, ist froh, wenn er sich aufgehoben fühlt.»
Sarah Razak, *1975
Hohe Selbstkomplexität als Schutzfaktor vor Trennungen
Ergänzend zu den bisher genannten Faktoren, gibt es verschiedene, eher unbekannte Einflussgrössen, welche die Verarbeitung einer Trennung beeinflussen können. Dazu gehört das Konzept der Selbstkomplexität (Smith & Cohen, 1993). Dabei handelt es sich um ein Mass für Selbstaspekte, die voneinander unabhängig vorliegen und für die jeweilige Person als Charakterisierung des eigenen Selbst dienen. Als Selbstaspekte werden Rollen, Aktivitäten, Eigenschaften und Ähnliches bezeichnet, die für die Selbstrepräsentation eine Rolle spielen. Je mehr Selbstaspekte unabhängig voneinander vorliegen, umso höher ist die Selbstkomplexität. Eine hohe Selbstkomplexität stellte sich in verschiedenen Studien als ein Puffer für Stress und negative Lebensereignisse heraus (McConnell et al., 2005; Smith & Cohen, 1993). Nach Smith und Cohen (1993) können Personen mit einer hohen Selbstkomplexität im Falle eines Aspekt-Verlustes auf weitere Selbstaspekte zurückgreifen, wodurch sie ihre soziale Identität nicht verlieren. Dasselbe zeigte sich bei der Reaktion von Studierenden auf eine Trennung (Smith & Cohen, 1993). Die Problematik des Identitätsverlustes könnte durch mangelnde Ressourcen oder fehlende soziale Unterstützung verstärkt werden, womit eine Trennung als noch schwerwiegender wahrgenommen werden kann (Smith & Cohen, 1993).
Die Rolle von Facebook bei Trennungen
Der folgende Abschnitt befasst sich mit den Auswirkungen von sozialen Medien auf Trennungen. Dabei wird überwiegend auf Studien zurückgegriffen, die sich mit Facebook befassten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass andere soziale Netzwerke einen ähnlichen Effekt auf eine Trennung haben können, was allerdings bisher nicht explizit untersucht wurde. Dazu können Plattformen wie Snapchat, Instagram oder Ähnliches gehören.
Bereits bevor es zu einer Trennung kommt, kann der übermässige Gebrauch von Facebook in der Anwesenheit des*der Partners*in zu einem erhöhten Gefühl von Einsamkeit, Eifersucht und zu gering wahrgenommener Führsorge führen, was wiederum eine Trennung begünstigen kann (Nongpong & Charoensukmongkol, 2016).
Nach einer Trennung ändern Getrennte ohne Wunsch auf Offenlegung ihren Beziehungsstatus auf Facebook oftmals nicht. Ein Grund dafür ist, dass sie sich mit ihrem neuen Beziehungsstatus oft nicht wohl fühlen oder verhindern wollen, von Freunden und Bekannten auf das Ende ihrer Beziehung angesprochen zu werden (Haimson et al., 2018). Bei der öffentlichen Änderung des Beziehungsstatus auf einer Plattform wie Facebook spricht man von einer one-to-many Kommunikation (Haimson et al., 2018). Es kommt ebenfalls vor, dass einige ihren Beziehungsstatus zwar ändern, jedoch in Folge dessen die Anzeige ihres Beziehungsstatus verbergen. Dieses Vorgehen kann ihnen dabei helfen, ihre Selbstwahrnehmung entsprechend des neuen Beziehungsstatus zu verändern und stellt für sie ein Schritt ins Single-Leben dar. Hierbei spricht man von einer one-to-self Kommunikation. An dieser Stelle ist es wichtig zu verstehen, was eine Trennung in vielen Fällen für einen Stellenwert im Leben und der Entwicklung der Betroffenen haben kann (Haimson et al., 2018). In einer Studie von Lukacs und Quan-Haase (2015) konnte gezeigt werden, dass Personen, die im Vergleich zu anderen Teilnehmenden aus derselben Stichprobe starken Stress durch die Trennung erlebt hatten, häufig ihren*ihre Partner*in als Facebook-Freund*in entfernt haben. Ebenfalls zeigte sich, dass Personen, die von Anbeginn nicht mit ihren Ex-Partnern*innen auf Facebook befreundet waren, mehr Stress durch die Trennung erlebten als andere (Lukacs & Quan-Haase, 2015). Die meisten Getrennten berichteten jedoch, dass man durch eine Facebook-Freundschaft in einem fortlaufenden, wenn auch nur einseitigen, Kontakt mit dem*der Ex-Partner*in bleibt. In diesem Fall besteht zwar kein Austausch im klassischen Sinne, wobei man sich als stille beobachtenden Person der / dem Ex-partner*in dennoch verbunden fühlen kann. Durch diesen Kontakt erscheinen die Aktivitäten des*der Ex-Partners*in als weniger geheimnisvoll und unzugänglich, was zu einem Gefühl der Verbundenheit führen kann. Diese Erkenntnis legt den Schluss nahe, dass für viele eine Entfreundung des*der Ex-Partners*in keine sinnvolle Copingstrategie bei Trennungen darstellt (Lukacs & Quan-Haase, 2015). Diese Verbindung kann jedoch auch Schattenseiten haben. Während des einseitigen Kontaktes kann der Wunsch auf Wiederaufnahme der Beziehung grösser werden, wobei die Hoffnung darauf (aufgrund der nicht vorhandenen Rückmeldung der anderen Person) in ähnlichem Masse ansteigen kann. Dadurch kommt es in den vielen Fällen zu einem erhöhten Stresserleben und vermehrten negativen psychischen Folgen (Lukacs & Quan-Haase, 2015).
Praktische Empfehlungen
Bei den zuvor aufgezeigten Faktoren sowie bei Facebook handelt es sich um einen kurzen Überblick der aktuellen Forschung. Zudem ist auf die Unterschiedlichkeit der Menschen und ihrer Beziehungen hinzuweisen. Trotzdem lassen sich einige Empfehlungen aus den gewonnenen Erkenntnissen ableiten, wie Praktiker*innen, Familie und Freunde mit Getrennten umgehen können, um diese möglichst gut zu unterstützen:
- Nehmen Sie sich Zeit für die Betroffenen und üben Sie keinen Druck aus. Wenn den Getrennten danach ist, werden sie von ihrer Trennung und den damit verbundenen Gefühlen erzählen (Yıldırım & Demir, 2015).
- Helfen Sie den Getrennten dabei, den Grund für die Trennung zu verstehen und zu akzeptieren, damit es ihnen leichter fällt, einen Schlussstrich unter die Beziehung zu ziehen (Yıldırım & Demir, 2015).
- Bieten Sie nach Möglichkeit und Notwendigkeit der getrennten Person instrumentelle Unterstützung an, um zu verhindern, dass sie neben dem*der Partner*in zusätzlich ihre Ziele und allenfalls einen weiteren wichtigen Lebensinhalt verliert (Gomillion et al., 2015; Smith & Cohen, 1993).
- Zeigen Sie der gerade getrennten Person auf, dass sich neben den möglicherweise aktuell präsenten Selbstaspekten des Ex-Partners, Verlierers oder auf immer alleine seienden noch weitere, positive Selbstaspekte in ihnen befinden. Hierbei können verschiedene Aspekte in den Fokus gerückt werden, wie beispielsweise Hobbys, Arbeit oder Familie. Dadurch kann ihre Selbstkomplexität und damit der Stresspuffer erhöht werden (Smith & Cohen, 1993). Dabei sollte jedoch auf eine möglichst breite Verteilung von verschiedenen Aspekten geachtet werden, damit ein maladaptives Coping möglichst im Vorfeld ausgeschlossen werden kann. Zum Beispiel ein sich in die Arbeit stürzen, übermässiges Feiern oder ähnliches.
- Beachten Sie die Rolle die Facebook und andere sozialen Medien in der heutigen Zeit spielen (Lukacs & Quan-Haase, 2015; Nongpong & Charoensukmongkol, 2016). Ihr Einfluss ist nicht zu vernachlässigen, da diese Plattformen zum täglichen Leben gehören.
- Thematisieren Sie den Umgang mit sozialen Medien und machen Sie die Getrennten auf Chancen und Risiken aufmerksam, welche sich daraus ergeben können, weiterhin mit dem*der Ex-Partner*in digital befreundet zu bleiben (Lukacs & Quan-Haase, 2015; Nongpong & Charoensukmongkol, 2016).
Formen von sozialer Unterstützung
Bei dem Erhalten von sozialer Unterstützung handelt es sich um das Erlangen externer Ressourcen in Form von Bewältigungshilfe, Austauschmitteln oder Ähnlichem, welche wiederum in instrumentelle, informationelle und emotionale Unterstützung unterteilt werden. Von instrumenteller Unterstützung ist bei alltäglicher Hilfe, wie zum Beispiel Mithilfe beim Aufbauen von Möbeln, Erledigen von Einkäufen oder finanzieller Unterstützung jeglicher Art die Rede. Bei informationeller Unterstützung handelt es sich insbesondere um das Erteilen von Ratschlägen, während emotionale Unterstützung aus Zuhören und dem Vermitteln von positiven Gefühlen besteht (Schwarzer & Knoll, 2007).
Zum Weiterlesen
Yıldırım, F. B., & Demir, A. (2015). Breakup adjustment in young adulthood. Journal of Counseling & Development, 93(1), 38-44. doi: 10.1002/j.1556-6676.2015.00179.x
Lukacs, V., & Quan-Haase, A. (2015). Romantic breakups on Facebook: New scales for studying post-breakup behaviors, digital distress, and surveillance. Information, Communication & Society, 18(5), 492-508. doi: 10.1080/1369118X.2015.1008540
Literatur
Gomillion, S., Murray, S. L., & Lamarche, V. M. (2015). Losing the wind beneath your wings: The prospective influence of romantic breakup on goal progress. Social Psychological and Personality Science, 6(5), 513–520. https://doi.org/10.1177/1948550614568160
Haimson, O. L., Andalibi, N., De Choudhury, M., & Hayes, G. R. (2018). Relationship breakup disclosures and media ideologies on Facebook. New Media & Society, 20(5), 1931–1952. https://doi.org/10.1177/1461444817711402
Low, N. C., Dugas, E., O’Loughlin, E., Rodriguez, D., Contreras, G., Chaiton, M., & O’Loughlin, J. (2012). Common stressful life events and difficulties are associated with mental health symptoms and substance use in young adolescents. BMC Psychiatry, 12(1), 116. https://doi.org/10.1186/1471-244X-12-116
Lukacs, V., & Quan-Haase, A. (2015). Romantic breakups on Facebook: New scales for studying post-breakup behaviors, digital distress, and surveillance. Information, Communication & Society, 18(5), 492–508. https://doi.org/10.1080/1369118X.2015.1008540
McConnell, A. R., Renaud, J. M., Dean, K. K., Green, S. P., Lamoreaux, M. J., Hall, C. E., & Rydell, R. J. (2005). Whose self is it anyway? Self-aspect control moderates the relation between self-complexity and well-being. Journal of Experimental Social Psychology, 41(1), 1–18. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2004.02.004
Nongpong, S., & Charoensukmongkol, P. (2016). I don’t care much as long as I am also on Facebook: Impacts of social media use of both partners on romantic relationship problems. The Family Journal, 24(4), 351–358. https://doi.org/10.1177/1066480716663199
Smith, H. S., & Cohen, L. H. (1993). Self-complexity and reactions to a relationship breakup. Journal of Social and Clinical Psychology, 12(4), 367–384. https://doi.org/10.1521/jscp.1993.12.4.367
Yıldırım, F. B., & Demir, A. (2015). Breakup adjustment in young adulthood. Journal of Counseling & Development, 93(1), 38–44. https://doi.org/10.1002/j.1556-6676.2015.00179.x