Zum Inhalt springen

Beiträge aus der Kategorie ‘Gedicht’

Blütenstaub

Von Hannah Löw
Lektoriert von Cynthia Jucker
Illustriert von Rebecca Beffa

Im zarten Winde am Morgen
tanzen grüne Stängel umher,
deren Blütenpracht ist noch verborgen,
der Luftstrom bläst in Wellen über dieses Knospenmeer.

Fern am Horizont
erscheint ein leuchtend gelbes Strahlen,
in dessen Lichte eine kleine Knospe sich nun sonnt,
holt zurück die Energie, die ihr nachts die Lüfte stahlen.

Mit neu geschöpfter Lebenskraft
streckt die Knospe ihre Blätter aus,
saugt aus der Erde ihren Lebenssaft,
zwischen samtig weichen Farben lugen die Pollen nun heraus.

Für einen kurzen Augenblick
steht die Welt ganz still,
unzerbrechlich scheint der Blumen ihr Genick,
die Wurzeln rufen, dass dieses bunte Wunder ewig bleiben will.

Das Leben lässt die Illusionen zerspringen,
denn auch das Jetzt unterliegt dem Lauf der Zeit,
muss mit Vergänglichkeit in Richtung Ende schwingen,
nichts ist für die Ewigkeit.

Doch auf jeden Abschied folgt ein Neubeginn,
der sich bildet aus den Blütenpollen,
dort findet sich der Sinn,
warum Veränderungen kommen sollen.

So wird eine neue Blütenpracht geboren,
die niemals ist das gleiche Kind,
doch Erinnerungen geh‘nim Herzen nicht verloren,
und ewig wirbeln neue Chancen als Blütenstaub im Wind.

Thanatos und Eros

Von Hannah Löw
Lektoriert von Cynthia Jucker und Mandana Fröhlich
Illustriert von Rebecca Beffa

Wie eine samtig seichte Nebeldecke

umschliesst er Schicht für Schicht,

wachsend wie die Dornenhecke,

die einst so klare Sicht.

Wie stachlig stolze Rosenranken

weist er Dorn für Dorn

den Störenfried in seine Schranken,

umschlingt ihn drohend eng vor Zorn.

Wie eine salzig schroffe Müdigkeit

legt er sich schwer auf leichte Lider;

worunter sonst das Lebensfeuer speit,

brennt nun ein lauer Funke nieder.

Wie ein sehnlich süsser Sog,

wie der Sirenen ihr Gesang,

welch’ einst den lüstern’ Seemann in die Tiefe zog,

verstummen liess im trügerischen Klang.

Leises Rauschen erfüllt die Totenstille;

plätschernd steigt die fröhlich’ Melodie

empor mit einem starken Wille’,

als Pulsschlag voller Lebensenergie.

Der schwarze Nebel weicht nun jener Luft,

die unermüdlich voller Farbe funkelt,

deren Pinsel taucht im Lebensduft,

deren Nacht niemals komplett verdunkelt.

Thanatos’ Pupille frohlockt so manchem Leiden,

doch wer in dieses Meer der Iris springt,

verpasst des Lebens Augenweiden,

von denen Eros lieblich singt.